Weltuntergang
        die   Offenbarung  des   Johannes

Übersicht



Auf dieser Seite erfahren Sie über die Zusammenhänge zwischen der jüdischen Tradition mit der Apokalypse des Johannes.

Zuerst wird ein Blick auf die jüdische Geschichts-schreibung geworfen, die eng mit dem Gottesbild zusammenhängt.

Dann wird kurz die Apokalyptik im Alten Testament aufgerollt und schliesslich in einem Resumée zusammen gefasst.

Zum Schluss werden die wichtigsten Gemeinsamkeiten und Unterschiede jüdischer und christlicher Apokalyptik miteinander verglichen.

Auf dieser Website finden Sie auch eine formal-stilistische Gegenüberstellung jüdischer und christlicher Apokalyptik unter Apokalyptische Elemente im Alten Testament und den darauf folgenden Abschnitten.

Jüdische Wurzeln

Die Identität Gottes

Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, spricht Gott Jhwh, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.

(Off 1,8)

Christus als Pantokrator (Weltkugel in der linken Hand, die rechte zum Friedensgruss gehalten, Alpha links, Omega rechts).
Leider schon vielfach repariert: Ausschnitt aus dem Decken-Relief im Eingangsbereich der Ruine der Kaiser-Wilhelm Gedächtniskirche, 1895.
Weitere Information zur Kaiser-Wilhelm Gedächtniskirche.

Der Gott des Alten Testamentes ist ein Gott der Identität. Er hält seine Versprechen. Er ist, war und wird immer sein. Aus dieser Grunderfahrung wird das Geschichtsverständnis der Juden verständlich: Gott greift in die Geschichte ein und nimmt am Leben seines Volkes Anteil. Er lenkt die Geschicke seines Volkes und lässt ihnen gleichzeitig Freiheit. Er schliesst mit den Menschen einen Bund und muss ihn ständig erneuern und sein Volk daran mahnen. Die Schwierigkeiten und Schwankungen gehen immer von Gottes Volk aus. Gott hingegen bleibt sich treu - er bleibt identisch. Gott regaiert mit Mahnen, Erneuern und Strafen und er spricht zu seinem Volk durch die Propheten.

Da hatte wohl JHWH auch seine Hand im Spiel: Moses wird von seiner Mutter in den Nil gelegt, Alexey V. Tyranov, 1839-1842.

Die Identität Gottes verleiht der Geschichte seines Volkes einen roten Faden, der durch alle Wirrnisse, Errungenschaften und Verluste der alttestamentlichen Erzählungen immer wieder aufgenommen wurde, ein Faden, der anfangs nur vereinzelt und spätestens nach der babylonischen Gefangenschaft mit klaren apokalyptischen, d. h. auf das Ende der Geschichte und der endgültigen Ordnung Gottes gerichteten Zügen verknüpft wurde.
Prophetie und Apokalypstik sind also zwei unterschiedliche Gattungen: während der Prophet Mahnungen, Verheissungen oder Gerichtsandrohungen zu einer bestimmten geschichtlichen Lage an das Volk Gottes richtet, entwirft der Apokalypstiker ein Bild der Weltgeschichte bis zu ihrem Ende und bis zur Erschaffung einer neuen Welt.
Einen kurzer Gang durch die alttestamentliche Entwicklung dieser apokalypstischen Motive lesen Sie im nächsten Abschnitt.

[ Mehr zur jüdischen Geschichtsschreibung finden Sie auf dieser Website unter Das Geschichtsverständnis des Volkes Israel . ]



Die Entwicklung der Apokalyptik im Alten Testament

Weltuntergangsszenarien

Weltuntergangsszenarien gibt es bereits im Alten Testament. Streng genommen gehört schon die Vertreibung Adam und Evas aus dem Paradies dazu: der Mensch wird aus der Welt, wie sie Gott vorgesehen hatte, vertrieben (Gen 3, 14-24) und das Paradies wird ihm auf diesem Weg für immer verschlossen (Gen 3, 24). Das nächste Weltuntergangsszenario ist wohlbekant: die Sintflutkatastrophe (Gen 6-9,17), der ein nues Verhältnis zwischen Gott und Mensch folgt. Gott schliesst einen Bund mit Noah (Gen 9,1-17). Ein drittes Ereignis, in welchem die Welt der Menschen teilweise abgebrochen wird, ist die Sprachverwirrung, die Gott nach dem Turmbau zu Babel über die Menschen verhängte.

Pieter Breugel der Ältere: der Turmbau zu Babel - er war nach 1. Mose 11, 1 - 9 der Beginn der Sprachverwirrung, 1563, im Kunsthistorischen Museum in Wien.

Die Erzählung des Sündenfalls ist sehrwahrscheinlich um 900 v. Chr. geschrieben worden (während der erste Schöpfungsbericht (Gen 1,1-2,4), das sogenannte Siebentagewerk erst während dem balylonsichen Exil verfasst wurde). Auch die Erzählung der Sintflut und vom Turmbau sind höchstwahrscheinlich aus alten Erzählungen wiederholt redaktionell überarbeitete Formen und sind nicht in allen Teilen vor der prophetischen Tradition entstanden.

Endzeiterwartungen

Endzeiterwartungenbegegnen seit der frühen Unheilsprophetie. Die jüdische Apokalyptik erlebt aber ihre Blütezeit im Judentum des zweiten Tempels (539 v. Chr.) bis zu dessen Zerstörung (70 n. Chr.):
  • Etwa 760-750 v. Chr.:

    Miniatur aus der Bibel der Abtei Maria vom Park in der Region Louvain, 1148: Der Buchstaben V mit dem Propheten, der in ein Horn bläst, eine Keule in der Hand hat und von zwei geflügelten Tieren umgeben ist. In der British Library in London.

    Amos kündete im Nordreich Israel einen „Tag JHWHs“ an, der „Finsternis, nicht Licht“ für Israel bringen werde (Am 5,18-20).


  • Etwa 740-720 v. Chr.:

    Jan van Eyck, Der Prophet Micha, Ausschnitt aus dem Genter Altar, 1432 oder 1435.

    Micha verkündet Ähnliches im Südreich, verbunden mit einer endzeitlichen „Völkerwallfahrt“ zum Zion, dem Tempelberg in Jerusalem (Mi 4,2-4).


  • Etwa 740 und 701 v. Chr.:

    Der Prohpet Jesaja, Marc Chagall, 1968, Privatsammlung.

    Jesaja verbindet innergeschichtliche Gerichte, die Fremdherrscher an Israel vollstrecken, mit einem Völkergericht und universalisiert sie (Jes 2, Joel 4 u. a.).
    Auch die Messiaserwartung ist tendenziell apokalyptisch, da der Messias die Unrechts- und Gewaltgeschichte der Welt abbricht und zu einem gerechten Ende führt (Jes 9).
    Bei Jesaja wird der Messias als Weltrichter dann schon mit der Vorstellung einer endgültigen Verwandlung des ganzen Kosmos einschliesslich der Naturgesetze verknüpft (Jes 11).

  • Etwa 625 und 585 v. Chr.:

    Jeremia (Patrick Dempsey), Szenenbild aus dem Bibelfilm "Jeremia", 1998 (D/I/USA), Regie: Harry Winer.

    Jeremia greift 200 Jahre später auf Michas Unheilsprophetie zurück; seine Prophetie bezieht sich auf die politischen Ereignisse bis zur ersten Tempelzerstörung und Exilierung der judäischen Oberschicht (586 v. Chr.).

  • Etwa 600 – 560 v. Chr. während dem babylonischen Exil (598 - 539 v. Chr.):

    Ezechiel beschreibt in Kapitel 37 eine Vision, in der Gott die Toten Gebeine des Volkes wieder zum Leben erweckt. Sie erinnert stark an die Schöpfungsgeschichten der Genesis 1 und 2. Hier wird erstmals die Vorstellung einer Totenauferweckung formuliert.
    Fresko aus Doura Europos, der Grenzstadt des römischen Imperiums, die 312 v. Chr. von Seleukos I gegründet und 256/257 n. Chr. von den Sassaniden zerstört wurde.

    Ezechiel (Hesekiel) verbindet die Verkündigung des nahenden Endgerichts (Ez 7) mit Visionen, die auf vergangene Geschichte zurückblicken und diese „vorhersagen“: nicht nur die „Greuel“ (Ez 8), die die Zerstörung des ersten Tempels (Ez 9) und den Untergang des Königtums (Ez 19) herbeiziehen, sondern auch den Sieg Nebukadnezars über Ägypten (Ez 29-32). Noch unverbunden damit tritt nun auch die Vorstellung einer jenseitigen Totenerweckung (Ez 37) hervor.

  • Wahrscheinlich 5. Jahrhundert v. Chr:

    Daniel in der Löwengrube. Ein bekanntes Motiv aus dem buch Daniel (Kap 6).
    Fresko aus den Katakomben, 2 Jhrd. Rom.

    Im Buch Daniel verdichten sich diese Motive zur grossen Vision, in welcher Gott zum Endgericht kommt (Dan 7 EU) und die ganze Weltgeschichte endgültig wenden wird: Alle Gewaltherrschaft wird dann ihr Ende haben. Der „Menschenähnliche“ – Gottes ursprüngliches Ebenbild – erscheint, erhält Gottes volle Macht und verwirklicht damit die von den Propheten angekündete ewige Gottesherrschaft. Vom Messias und einer innergeschichtlichen Umkehr der Völker zum Gott Israels ist keine Rede mehr.

  • 2. und 1. vorchristlichen Jahrhundert:
    es entstehen weitere Bücher mit apokalyptischer Thematik, z. B. der äthiopische Henoch, das 4. Buch Esra und die „Kriegsrolle” von Qumran (etwa 130 v. Chr.). Davon nahm eine rabbinische Synode bei Jawne um 100 n. Chr. aber nur das Buch Daniel als legitime Fortsetzung der biblischen Prophetie in den Kanon des jüdischen Tanach auf.

Resumée

Das babylonische Exil war eine tiefgreifende Erfahrung für das jüdische Volk. Das Exil dauerte von 598 v. Chr. (Eroberung Jerusalems durch den babylonischen König Nebukadnezar II.) bis zur Eroberung Babylons 539 v. Chr. durch den Perserkönig Kyros II. Die jüdische Oberschicht wurde nach Babylon deportiert und umgesiedelt. Zwar wurden sie weder zu Fronarbeit oder Sklavendienst noch zu einem Religionswechsel gezwungen, aber die jüdischen Priester erkannten darin eine Strafe Gottes, der eine Verheissung und eine Rückkehr nach Jerusalem folgen sollte.

Nehemia hatte mit Esra zusammen nach dem babylonischen Exil das zerstörte Jerusalem wieder aufgebaut und dabei die eigene Tradition wieder entdeckt. Sie dürfen als die eigentlichen Begründer des Judentums gelten.
Nehemia sieht die Truemmer Jerusalems, Jacques-Joseph Tissot, um 1860, Jewish Museum, New York.

Die Macht Gottes stand aber in Frage. Hatte er seinen Bund gebrochen? Hatte er sein Volk vergessen? Gerade darin liegt die Stärke der jüdischen Theologie. Sie gab ihren Gott nicht auf und entdeckte die eigene Tradition in neuem Licht:
sie entdeckte jene Prophetentexte, die in früh-nachexilischer Zeit entstanden sind und die Niederlage der Heidenvölker am Ende der Tage und vom Triumph des endzeitlichen Gottesvolkes verkünden:
  • etwa die Weissagung vom Einbruch und Untergang Gogs (Ez 38-39),
  • die Nachtgesichte Sacharjas (Sach 1-6),
  • die Tag-Jahwes-Erwartungen im Joël- und Tritosacharja-Buch (Sach 12-14),
  • die Hoffnung auf einen neuen Himmel und eine neue Erde (Jes 65,17; 66,22)
  • und die Ankündigung eines weltweiten Gerichts im Jesaja-Buch (Jes 24-27).
An solchen Stellen machte man aufs Neue die Überzeugung fest, dass Jahwe trotz allem die Geschichte lenkt. Nicht die Tatsache, dass eine Macht in der Gegenwart die Herrschaft innehat ist entscheidend. Am Ende der Zeiten wird Jahwe seiner Herrschaft zum Durchbruch verhelfen.
Die jüdische Apokalyptik entwickelte sich also während einer Situation, in welcher sich die jüdischen Priester (und mit ihnen sicher auch die Gläubigen) auf sich selbst zurück gestellt fühlten und der Wirklichkeit zum Trotz an der Grösse ihres Gottes festhielten.
Nach der Rückkehr der Bevplkerung nach Jerusalem wurde der Tempel wieder errichtet und alte Überlieferungen wieder gefunden (Bücher Esra und Nehemia). Es ist denkbar, dass dieser Fund spätere Apokalyptiker inspirierte, ihre Schriften als wieder gefundene Prohpezeihungen grosser Persönlichkeiten der Vergangenheit dazustellen.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede jüdischer und christlicher Apokalyptik

Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen jüdischer und christlicher Apokalyptik können einfacher in einer vergleichenden Tabelle nachvollzogen werden es soll ausserdem auch die christliche Apokalyptik von der Offenbarung an Johannes unterschieden werden.

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Jüdische Apokalyptik Christliche Apokalyptik Offenbarung an Johannes
Gott wird der Geschichte ein Ende setzen und in einer neuen Weltzeit über die Welt herrschen. Gott wird das Böse überwinden und eine neue Welt schöpfen, in der er mit den Menschen lebt.
Das endgültige Heil steht den Menschen in der Zukunft noch bevor. Das endgültige Heil hat bereits mit Jesus Christus angefangen.
Der Autor gibt sich als eine grosse Persönlichkeit der Vergangenheit aus. Der Autor nennt seinen Namen und seinen Bezug zu seinen Zeitgenossen und zum Zeitgeschehen.
Der apokalyptische Bericht stammt aus alten Zeiten und wurde wieder gefunden. Der apokylptische Bericht richtet sich aus der Gegenwart in die Zukunft.
Die Visionen sind teilweise mit Angaben zu himmlischen Sphären angereichert. Die Visionen schildern einen Ablauf und geben nur am Rande einblick in die Himmel.
Bildsprache, Aufnahme von mythologischen und religiösen Motiven aus orientalischen Religionen.
Schrift ist als Ermutigung für die Gläubigen angelegt. Sie soll zum Glauben mahnen. Schrift ist als Ermutigung für die Gläubigen angelegt. Sie soll zum Glauben mahnen und zum Handeln auffordern (bes. Sendschreiben).


Notizen zur jüdischen Tradition:

Gottesname

Holzdruck mit dem Gottesnamen. Herkunft unbekannt.

Weitere Informationen zur Identität Gottes und dem Gottesnamen "Ich bin, der ich bin" finden Sie bei Wikipedia.

Babylonisches Exil

Der gegnerische König Haman ist in Ungnade gefallen und macht sich auf, um sich bei Mordechaj (und damit bei allen Juden) zu entschuldigen (Szene aus dem Buche Esther Kap 2,21 - 3,15).
Haman macht sich auf, um Mordechai zu ehren, Rembrandt, um 1665, St. Petersburg, Eremitage.

Mehr Informationen zum Babylonischen Exil finden Sie bei Wikipedia

Apokalyptik

Hier finden Sie einen Bericht zum Vergleich der Apokalyptik im Alten und Neun Testament.

Hier finden Sie einen weiteren Bericht zur Apokalyptik allgemein.


Jdentum

Die Menora, der 7-armige Leuchter ist ein typisches Symbol des Judentums © Grace Winter / PIXELIO

Falls Sie mehr über das Judentum erfahren möchten, finden Sie hier verschiedene Links:

relinfo.ch (evangelische Informationsstelle für Kirchen - Sekten - Religionen)
religion.ch (religionswissenschaftliche Seite zu Religion und Welt)
wissen.sf.tv (Videos und Meldungen des Schweizer Fernsehens zum Judentum)
Judentum bei Wikipedia.



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